Wie du eine Pornosucht erkennst und überwindest

Pornografische Inhalte zu konsumieren, war noch nie so einfach wie heute. Immerhin bilden sie rund ein Drittel der Information, die online abrufbar ist. Für rund eine halbe Million Menschen in Deutschland ist das Vergnügen zum Zwang geworden: Pornosucht kann sich negativ auf das Leben von Betroffenen auswirken. Erfahre hier, ob auch du davon betroffen bist und falls ja, wie du deine Pornosucht bekämpfen kann.

Gehörst auch du zu den Menschen, die nach der Schule oder nach einem Arbeitstag nach Entspannung zu suchen? Das ist völlig normal und auch notwendig. Viele sehen auch in der Selbstbefriedigung einen Weg, um Stress abzubauen und auf andere Gedanken zu kommen. Visuelle Reize in Form der Pornografie kommen dabei häufig zum Einsatz. Was aber, wenn dieser Drang nach Befriedigung überhand gewinnt und sich eine Pornosucht entwickelt? Wie erkennen Betroffene, dass ihr Verhalten ihnen selbst oder anderen schadet? Informiere dich rechtzeitig über Ursachen und Symptome sowie mögliche Auswirkungen, um den schleichenden Prozess aufzuhalten.



Was ist Pornosucht?

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, gelegentlich Pornos zu konsumieren. Sie regen die Fantasie an und können auch das Liebesleben von Paaren bereichern. Das Problem dabei ist, dass bei der Betrachtung pornografische Inhalte die Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Endorphine ausgeschüttet werden. Die daraus resultierenden Glücksgefühle führen ähnlich wie beim Drogenkonsum dazu, dass der Körper nach immer mehr verlangt und das immer öfter. Die gelegentliche Erregung und Entspannung kann zur Pornosucht führen, die negative Folgen für die betroffenen Personen und deren Umfeld mit sich bringt.

Pornosucht Definition

Erst im Jahr 2019 hat die WHO zwanghaftes Sexualverhalten als Krankheit eingestuft, worunter auch die Pornosucht fällt. Sie gilt als eine besondere Form der Sexsucht, die auch Cybersexsucht genannt wird. Definiert wird die psychische Krankheit über den Kontrollverlust von sehr starken, wiederkehrenden Sexualimpulsen. Dieser Kontrollverlust kann dazu führen, dass das Familien- oder Arbeitsleben sowie das allgemeine soziale Verhalten sich negativ verändern. Der individuelle Leidensdruck, den Betroffene erfahren, ist ausschlaggebend für die Einstufung und Behandlung.¹ Trotz dieser nun existierenden Definition ist die Diagnose der Pornosucht schwierig.

Pornosucht Symptome

“Bin ich pornosüchtig?” oder “Wie viele Stunden Pornos gucken ist normal?”, sind nur wenige Fragen, die in Foren zum Thema Sexfilme zu finden sind. Machst du dir Sorgen, dass dein Verlangen möglicherweise außer Kontrolle geraten ist? Diese Merkmale sind typische Symptome einer Pornosucht:

  1. Du hast dich dazu entschieden, keine Sexfilme mehr zu gucken und musst feststellen, dass du nicht damit aufhören kannst.
  2. Sexuelle Fantasien begleiten dich den ganzen Tag über, auch in besonders unpassenden Situation.
  3. Du musst sowohl die Dosierung als auch die Intensität steigern. Du verbringst immer mehr Zeit damit, Pornos zu gucken und die Inhalte werden extremer, vielleicht sogar gewaltsam.
  4. Dein Familienleben oder deine Partnerschaft leiden unter deinem Verhalten.
  5. Du hast Schwierigkeiten in der Schule oder im Berufsleben.
  6. Du kommst in finanzielle Bedrängnis oder hast Probleme mit dem Gesetz.
  7. Du kannst deine Impulse nicht mehr kontrollieren, obwohl deine sexuellen Fantasien und Verhaltensweisen negative Folgen haben.
Hand vor Bildschirm mit verschwommenen pornografischen Inhalten

Die anonymen Sex- und Liebessüchtigen sowie die anonymen Sexsüchtigen sind erste Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige.


Ab wann spricht man von Pornosucht?

Ab wann jemand süchtig nach pornografischen Inhalten ist, lässt sich nicht anhand von der Anzahl der konsumierten Stunden pro Tag festsetzen. Entscheidend ist vielmehr, ob Personen weiterhin Pornos konsumieren müssen, obwohl sie sich dagegen entschieden haben. Die oben bereits genannten Symptome der Pornosucht sind ebenso wichtige Hinweise darauf, ob sich eine Sucht entwickelt hat.

Pornosucht Test

ForscherInnen der ungarischen Universität haben einen Test entwickelt, mit dem Personen herausfinden können, ob ihr Verhalten in Bezug auf Sexfilme problematisch ist. Der Test wurde in einer Studie mit 772 Personen entwickelt (davon 390 weiblich und 382 männlich), wobei auch festgestellt wurde, dass 3,6 Prozent der Konsument:innen als pornosüchtig einzustufen sind.

Beantworte einfach die folgenden Fragen mittels der Skala von "Trifft gar nicht zu" bis "Trifft voll zu" und finde heraus, wie es um deinen persönlichen Pornokonsum steht:

Aussage Trifft gar nicht zu Trifft nicht zu Trifft eher nicht zu Weiß nicht Trifft eher zu Trifft zu Trifft voll zu
Pornografie ist ein wichtiger Teil meines Lebens.
Ich nutze Pornos, um meine Gefühle ins Gleichgewicht zu bringen.
Ich denke, dass Pornos zu Problemen in meinem Liebesleben geführt haben.
Ich denke, dass ich mehr und mehr Pornos konsumieren muss, um Befriedigung zu erlangen.
Ich habe erfolglos versucht, die Menge der Sexfilme zu reduzieren, die ich gucke.
Ich fühle mich gestresst, wenn mich etwas davon abhält, Pornos zu gucken.
Ich denke oft daran, wie gut es gerade wäre, einen Sexfilm zu gucken.
Pornos zu gucken hilft mir dabei, negative Gefühle loszuwerden.
Sexfilme zu gucken hält mich davon ab, das beste in mir zum Vorschein zu bringen.
Ich habe das Gefühl, immer mehr Pornos gucken zu müssen, um meine Bedürfnisse zu befriedigen.
Wenn ich mich dazu entschlossen hatte, keine Pornos mehr zu gucken, konnte ich mich nur kurze Zeit daran halten.
Ich bin aufgeregt, wenn ich keine Sexfilme konsumieren kann.
Ich plane ständig, wann ich Pornos gucken kann.
Ich kann Stress abbauen, wenn ich Pornos gucke.
Die Sexfilme, die ich konsumiere, werden allmählich extremer, weil die, die ich davor konsumiert habe, mich weniger befriedigen.
Ich habe nur eine kurze Zeit dem Pornokonsum widerstanden, bevor ich rückfällig wurde.
Ich vermisse Pornos sehr, wenn ich für eine Weile keine gesehen habe.

Wie entsteht Pornosucht?

Sexfilme regen das Belohnungszentrum des Gehirns an. Dabei werden Botenstoffe freigesetzt, die ein starkes Glücksgefühl oder auch ein “High” erzeugen. Dieses sensationelle Gefühl findet seinen Höhepunkt im Orgasmus durch Selbstbefriedigung. So schnell dieses Gefühl sich einstellt, verschwindet es allerdings auch wieder. Zurück bleibt der Wunsch, diesen Zustand erneut herbeizuführen. Das Lustzentrum wird durch Sex stärker aktiviert als beim Essen. Nur Kokain und Heroin sind noch stärkere Treiber für die Psyche.

Der Effekt von Reiz und Glücksgefühl nutzt sich auch beim Konsum von pornografischen Inhalten ab. Um das Gefühl in einer ähnlichen Stärke wieder aufleben zu lassen, werden also die Häufigkeit und die Intensität gesteigert. Die Suche nach immer stärkeren Reizen führt oft zum Konsum von extremen Inhalten. Der Übergang vom seltenen Konsum bis zum zwanghaften Suchverhalten kann sich über Jahre strecken. Nicht gerade förderlich ist, dass das Thema sehr schambehaftet ist und Betroffene sich lange nicht mitteilen.


Welche Ursachen hat Pornosucht?

Pornografische Inhalte sind an sich nichts Schlechtes und nicht jede Person, die hin und wieder einen Sexfilm genießt, entwickelt später einmal eine Pornosucht. Als fördernd für die Entstehung einer Pornosucht können folgende individuelle Faktoren genannt werden:

  • dysfunktionale Familien und Partnerschaften
  • fehlender Halt durch Freund:innen oder Hobbies
  • fehlende Anerkennung im Beruf oder in der Schule²

Selbst wenn all diese persönlichen Faktoren zutreffen, ist das wiederum kein Garant dafür, dass eine Pornosucht entsteht, wenn du hin und wieder einen Sexfilm genießt. 

Das angenehme Gefühl, das leicht herbeizurufen ist und für kurze Zeit unangenehme Empfindungen überlagert sowie die permanente, barrierefreie und kostenlose Verfügbarkeit von Sexfilmen sind zusätzliche Verstärker für die Entstehung einer Pornosucht.


Pornosucht: Auswirkungen und Gefahren

Betroffene von Pornosucht leiden darunter, dass der häufige Konsum ihr eigenes sexuelles Verhalten verändert. Nicht etwa Romantik, sondern der reine Trieb werden getriggert. So verändern sich auch Fantasien und die Wahrnehmung dessen, was als erregend empfunden wird. Auswirkungen von Pornosucht können sein:

  • Kontrollverlust über sexuelle Triebe,
  • sexuelle Funktionsstörungen,
  • soziale Isolation, Beziehungsprobleme,
  • Konzentrationsschwierigkeiten,
  • Antriebslosigkeit,
  • Depressionen,
  • Schlafstörungen,
  • Versagensängste sowie
  • Scham und schlechtes Gewissen.

Einige dieser Pornosucht Auswirkungen wollen wir dir noch genauer vorstellen.

Kontrollverlust

Betroffene sind oft damit konfrontiert, dass ihr Alltag maßgeblich von der Sucht beeinflusst wird. Obwohl sie wissen, dass sie sich mit ihrem Verhalten schaden, haben sie nicht mehr die Macht, dieses zu verändern. Die Sucht gewinnt den Kampf. So kann es dazu kommen, dass früher wichtige Säulen wie Beziehungen, Familie und Freund:innen, Beruf, Schule oder Studium sowie Hobbys und andere Interessen zu kurz kommen. Auch der Schlaf wird in manchen Fällen hinten angestellt. Die soziale Isolation führt wiederum dazu, dass Betroffene weniger dazu bereit sind, sich anderen gegenüber zu öffnen. So flüchten sie sich wiederum immer mehr in die virtuelle Welt der Bedürfnisbefriedigung. Dieser Abwärtsspirale wird noch weiter dadurch gefördert, dass Betroffene sich ihrer Sucht oftmals selbst nicht bewusst sind und ein Vordringen von Angehörigen abblocken.

Sexuelle Funktionsstörungen durch Pornosucht

Nicht nur eine frühzeitige Ejakulation zählt zu den sexuellen Funktionsstörungen, sondern auch Potenzstörungen oder ganz ausbleibende Orgasmen. Durch die ständige Reizüberflutung besteht die Gefahr, dass die Pornosucht auch deine Erektionsfähigkeit beeinflusst. Bist du es gewohnt, extreme Inhalte als Anker deiner Erregung zu sehen, reicht es unter Umständen nicht mehr aus, von einer Partnerin oder einem Partner erregt zu werden. Diese Lustlosigkeit in Bezug auf den:die eigene:n Partner:in kann auch bestehende Beziehungen negativ beeinflussen.

Wie wirkt sich Pornosucht auf Beziehungen aus?

Mann tröstet seine Partnerin

Wie viele andere Abhängigkeiten auch, ist eine Pornosucht sehr belastend für eine Beziehung und kann zu deren Bruch führen. Wenn die Pornosucht die Erektion und die Lust auf den Partner oder die Partnerin beeinflusst oder keine Orgasmen mehr zusammen erlebt werden, haben Partner:innen von Betroffenen oft mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Oft fühlen sie sich auch hilflos, da sie nicht mehr zu ihren Partner:innen durchdringen können und eine Entfremdung stattfindet. Offene Gespräche frei von Schuldzuweisungen und Vorwürfen können eine Hilfestellung sein. Außerdem ist es für Partner:innen wichtig, sich selbst über Pornosucht zu informieren und zu verinnerlichen, dass sie keine Schuld an der Sucht der Betroffenen tragen.

Der häufige Konsum von pornografischen Inhalten kann außerdem zu einem verzerrten Körperbild führen. Wer sich regelmäßig mit extrem großen Penissen und übertriebenen Mengen an Ejakulat konfrontiert sieht, neigt dazu, die eigene Penisgröße falsch einzuschätzen und den Wunsch nach mehr Sperma zu hegen.


Was tun gegen Pornosucht?

Wie so oft gilt: Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Das Selbsteingeständnis und auch die Willenskraft sind die Grundsteine, um eine Pornosucht zu bekämpfen. Pornosucht wird zwar als chronische Krankheit eingeordnet, es gibt aber trotzdem Hilfsmittel, um diese zu besiegen.

Tipps gegen Pornosucht

Je früher der Kampf gegen die Pornosucht beginnt, desto besser stehen die Heilungschancen. Folgende Tipps können als Erste Hilfe Maßnahmen dienen, jedoch keine Therapie ersetzen!

  1. Wer sein eigenes Verhalten verstehen möchte, sollte sich mit dem Thema Sucht im Allgemeinen und speziell mit der Pornosucht auseinandersetzen. Online sind viele wissenschaftliche Publikationen oder Interviews mit Expert:innen auffindbar.
  2. Wie bei anderen Süchten auch, ist ein Pornosucht Entzug unausweichlich. Apps oder spezielle Programme können den Zugang du Sexfilmen erschweren. Wichtig dabei ist, sich nicht selbst zu manipulieren und die Barriere so einzurichten oder besser einrichten zu lassen, dass sie nicht sofort überwunden werden kann. Sind die Auslöser bekannt, die das unerwünschte Verhalten herbeiführen (zum Beispiel Stress oder Einsamkeit oder bestimmte Rituale), müssen diese ebenso wie Situationen, in denen die unerwünschte Handlung stattgefunden hat, vermieden werden. Distanz schaffen auch das Löschen von gespeicherten Sexfilmen und Foren-Profilen oder klare Offline-Zeiten. Als erster Anhaltspunkt kann ein Entzug von drei Monaten herangezogen werden.
  3. Sei dir bewusst, dass du nicht alleine bist. Sowohl online als auch offline gibt es Gruppen von Betroffenen, die sich über ihre Erfahrungen austauschen. In diesem anonymen und wertschätzendem Raum kannst du Unterstützung finden.
  4. Durch den sozialen Rückzug ist oft das Selbstbewusstsein der Betroffenen stark beschädigt. Beschäftigungen wie Sport oder neue Hobbys sowie gesunde Ernährung führen nicht nur dazu, dass das Selbstwertgefühl langsam wieder aufgebaut wird, sondern lenken auch von den dysfunktionalen Gedanken ab, die wiederum die Pornosucht fördern. Auch die Wiederaufnahme der gekappten sozialen Beziehungen erleichtert die Abstinenz und hilft, der Isolation zu entkommen.
  5. Techniken der Psychotherapie können dabei helfen, sexuelle oder dysfunktionale Gedanken zu unterbrechen. Dazu gehören die Gedankenstopp-Methode oder das Externalisieren oder Umformen von Gedanken.
  6. Yoga, Meditation oder autogenes Training entspannen nicht nur, sie verbessern auch die Fähigkeit zur Impulskontrolle.³

Pornosucht Therapie

Eine Pornosucht Therapie ist ein effizientes Mittel, um das Handwerk zu erlernen, dass einen normalen Alltag ermöglicht. Die Einstufung der WHO als Krankheit ermöglicht es Therapeut:innen, eine Diagnose zu stellen und eine Behandlung vorzunehmen. Dabei wird versucht, die Ursachen der Sucht ans Licht zu bringen, da diese den Betroffenen oft nicht bewusst sind oder aktiv verdrängt werden.

Laut dem Psychotherapeuten Dr. Kornelius Roth bleibt Pornosucht ein lebenslanger Begleiter, auch wenn rund zwei Drittel derjenigen, die sich in Behandlung begeben, sich sehr viel besser mit Problemen auseinandersetzen können. Ähnlich wie bei Alkoholiker:innen, nur nicht ganz so einschneidend, sind Rückfälle ein Teil des Prozesses, anhand derer Ersatzhandlungen erlernt werden können.⁴


Quellen:

¹ vgl. (2019). Zwanghaftes Sexualverhalten wird eine Krankheit. Abgerufen am 28. Januar 2021 von https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Zwanghaftes-Sexualverhalten-wird-eine-Krankheit-255668.html

² vgl. Roth, K. (o.D.). Sexsucht und Trauma im Verborgenen – Ursachen. Abgerufen am 28. Januar 2021 von https://www.dijg.de/pornographie-sexsucht-pornosucht/formen-ursachen/trauma-krankheit/.

³ vgl. Melzer, H. (2016). Sexsucht und Pornosucht. Abgerufen am 28. Januar 2021 von https://dr-med-heike-melzer.de/sexsucht-und-pornosucht/.

⁴vgl. Beneker, C. & Dr. Roth, K (2016). "Pornosucht bleibt eine lebenslange Verwundung". Abgerufen am 28. Januar 2021 von https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Pornosucht-bleibt-eine-lebenslange-Verwundung-235054.html.

Titelbild: Photo by Nik Shuliahin on Unsplash  

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